Brockes und Grams legen Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein

Trotz verfassungsrechtlicher Bedenken wurde der umstrittene Gesetzentwurf zum Vierten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite von den Koalitionsfraktionen aus CDU/CSU und SPD beschlossen. Die Regelungen sehen unter anderem eine weitgehende Ausgangs-sperre von 22 Uhr bis 5 Uhr vor. Hiervon sind auch die Bürgerinnen und Bürger im Kreis Viersen betroffen. Der Landtagsabgeordnete Dietmar Brockes aus dem Kreis Viersen und der Vorsitzende des FDP-Kreisverbandes Viersen, Felix Grams, gehen nun als Beschwerdeführer einer Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz vor.

Hierzu erklärt Felix Grams: „Die Corona-Maßnahmen müssen epidemiologisch sinnvoll und effektiv sein und im Einklang mit unserer Verfassung stehen. Schließlich wollen wir Corona bekämpfen und nicht unsere Freiheit. In der aktuellen Debatte sehen wir jedoch, wie verfassungsrechtlich garantierte Freiheiten zu Privilegien umgedeutet werden. Wenn der Freiheit enge Grenzen gesetzt werden, braucht sie umso stärkere Anwälte. Die gesamte Bevölkerung in ihrem Grundrecht auf Bewegungsfreiheit massiv einzuschränken, kann nicht verhältnismäßig sein.“

 

Gemeinsam mit anderen Freien Demokraten vom Niederrhein haben Brockes und Grams nun mit dem Prozessbevollmächtigten und Beschwerdeführer Dr. Michael Terwiesche eine entsprechende Beschwerde eingereicht.

 

Dietmar Brockes führt aus: „Auch für uns Freien Demokraten bleibt es das vordringliche Ziel, eine Überlastung unseres Gesundheitssystems zu verhindern. Wir unterstützen verhältnismäßige und zielgenaue Maßnahmen zum Gesundheitsschutz. Schon heute stehen wirkungsvolle Instrumente zur Verfügung, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Die mit dem Gesetz beschlossenen Ausgangssperren verfehlen aber aus unserer Sicht ihre epidemiologische Wirkung und sind nicht mit dem Grundgesetz in Einklang zu bringen.“

 

Wissenschaftliche Untersuchungen und Stellungnahmen zeigten ferner, wie gering der Beitrag nächtlicher Ausgangssperren in einem Gesamtpaket von Maßnahmen für die Pandemiebekämpfung ist. Ausgewiesene Aerosolforscher führen in einem offenen Brief vom 11. April aus, Ausgangssperren sollten in die Aufzählung „irreführender Kommunikation“ aufgenommen werden. So läge die Übertragungswahrscheinlichkeit im Freien im Promillebereich. Nicht Debatten über Kontakte im Freien, wie Verweilverbote an Flüssen oder Verbote von Treffen in Parks wären angemessen, sondern die Sensibilisierung für Übertragungen in Innenräumen. Diese würden durch eine Ausgangssperre nicht verhindert, sondern erhöhen die Motivation, sich den staatlichen Anordnungen zu entziehen.

 

Ferner kritisieren die Beschwerdeführer das alleinige Abstellen auf den Inzidenzwert. Je mehr Tests zur Verfügung ständen und je mehr Menschen geimpft sind - vor allem Hochbetagte und die mit einem hohen Risiko einer schweren Erkrankung -, desto weniger sagten Inzidenzwerte alleine etwas aus. Sie fordern, die Sieben-Tage-Inzidenz differenzierter zu fassen. Wichtig sei zum Beispiel zu wissen, welche Altersgruppen sich infizieren, wie die Auslastung der Intensivstationen ist und wie tatsächlich die Nachverfolgung von Infektionsketten gelingt.

 

Auch würde das Gesetz kein testweises Öffnen in Modellvorhaben erlauben oder die besondere Rolle von Geimpften in der Gesellschaft berücksichtigen. Und das, obwohl es zahlreiche Studien gibt, die aufzeigen, dass durch Geimpfte praktisch keine Gefahren der Ansteckung mehr für andere Menschen ausgehen.

 

Die Verfassungsbeschwerde ist hier abrufbar.